Grundsätzlich ist erst einmal zu sagen, dass Kinder kindgerecht und vollwertig ernährt werden sollten. Neurodermitis als Krankheit schränkt die Nahrungsmittelauswahl nicht ein, es sei denn, es liegen nachgewiesene Unverträglichkeiten auf einzelne Nahrungsmittel vor. Es gibt aber kein einziges Nahrungsmittel, das von jedem Neurodermitis-Patienten nicht vertragen wird. Der Kostaufbau nach dem Stillen sollte frühestens nach dem 4. Lebensmonat und spätestens nach dem 6. Lebensmonat beginnen. Klassischerweise wird mit einem Gemüse (in der Regel Karotte, kann aber auch ein anderes wie Pastinake, Kürbis oder Blumenkohl sein) angefangen. Anfangs nehmen die Kinder oftmals nur wenige Löffel, weil sie sich erst an die Löffelfütterung und das neue Schlucken gewöhnen müssen. Nach einer Woche kommt dann Kartoffel dazu, nach einer weiteren Woche eine Fleischsorte und ein hochwertiges Öl (z. B. Rapsöl). Den Wochenabstand zur Einführung neuer Lebensmittel können Sie später auf 3-4 Tage verkürzen. Nähere Informationen zur Ernährung im ersten Lebensjahr finden Sie bei Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund unter www.fke-do.de. Dieses Institut verfügt auch über Informationsbroschüren zu Ernährung bei Allergierisiko, bei Neurodermitis, bei Kuhmilchallergie etc.
Liegt eine Kuhmilchallergie vor, muss auf eine hochgradig hydrolysierte Säuglingsnahrung oder auf eine Nahrung auf Aminosäurebasis zurückgegriffen werden. Diese sind in der Apotheke zu beziehen. Eine allergologisch erfahrene Ernährungsberaterin finden Sie unter www.ak-dida.de. Außerdem bieten der VDOE, der VDD und der DAAB auf ihren homepages Beraterlisten an (www.vdoe.de; www.vdd.de; www.daab.de).
Dr. Imke Reese
Es ist schon möglich, dass Ihre Ernährung die Haut Ihres Kindes beeinflusst. Bei sehr ausgeprägter Neurodermitis wird von einigen Ärzten sogar geraten, komplett abzustillen und auf ein Extensivhydrolysat bzw. eine Aminosäurenahrung umzustellen. Sie können mal über ein Ernährungstagebuch versuchen herauszufinden, ob es Zusammenhänge zwischen Ihrer Ernährung und der Haut Ihres Säuglings gibt. Versuchsweise könnten Sie auch für maximal 10 Tage die wichtigsten Allergene im Kindesalter (Milch, Ei, Weizen sowie Erdnüsse und Nüsse) vollständig weglassen, um zu überprüfen, ob das einen Einfluss auf die Haut hat. Einen Anhaltspunkt, welche Allergene aus Ihrer Nahrung herausgelassen werden sollten, kann ein Bluttest auf IgE Antikörper gegen Nahrungsmittel bei Ihrem Kind liefern. In diesem Fall sollten Sie aber unbedingt eine qualifizierte Ernährungsberatung aufsuchen, damit weder Sie noch Ihr Kind in dieser Zeit mangelernährt sind.
Sie können sowohl selbst kochen als auch Gläschen verwenden. Wichtig ist nur, dass Sie die Beikost schrittweise (alle 4 bis 7 Tage ein neues Lebensmittel) einführen. Als Öl verwenden Sie am besten Rapsöl.
Dr. Imke Reese
Ein genereller Verzicht auf Vitamin C haltige Nahrungsmittel ist nicht sinnvoll, da Früchte und auch Vitamin C ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Nahrung sind. Viele Neurodermitiker vertragen Zitrusfrüchte nicht, was man daran merkt, dass die Neurodermitis immer dann schlechter wird, wenn diese gegessen werden. Die Vermiedung bestimmter Nahrungsmittel empfehlen wir bei Neurodermitis nur dann, wenn eine Allergie auf diese Nahrungsmittel vorliegt. Hierzu sind bestimmte allergologische Tests sinnvoll, die eine Sensibilisierung auf Zitrusfrüchte nachweisen können. Nur wenn eine Nahrungsmittelallergie besteht, ist eine spezifische Diät sinnvoll. Auf jeden Fall sollten die aktuell bestehenden Hauterscheinungen äußerlich behandelt werden und es sollte eine regelmäßige Hautpflege erfolgen.
PD. Dr. Andreas Wollenberg
Wenn Sie als Mutter das Gefühl haben, dass Ihre Tochter noch mehr Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben könnte, dann kann der Hautarzt bei ihr verschiedene Tests an der Haut und im Blut durchführen, um mögliche Hinweise für eine vorliegende Allergie zu bekommen. Aber: ein "positiver" Allergietest (= wenn sie auf etwas reagiert) muss in Ihrer Situation kritisch interpretiert werden, denn bei den Neurodermitikern kommt es häufig vor, dass eine bestimmte Gruppe von Antikörpern im Blut viel stärker als gewöhnlich vorhanden ist. Diese vielen Antikörper (der sogenannten "Klasse IgE") können dann zu falsch "positiven" Ergebnissen bei Allergietests führen! Möglicherweise können Sie als Mutter besser als ein Test herausfinden, was Ihre Tochter an Nahrungsmitteln wirklich nicht gut verträgt und was vielleicht den Juckreiz verstärkt oder die Hauterscheinungen verschlechtert.
Da bei Ihrer Tochter bisher wohl nur per Bluttest (?) eine Reaktion auf ein Milcheiweiß festgestellt wurde, würde ich diese Sache mit Hilfe eines Facharztes für Allergien (einem Allergologen) noch genauer abklären und dann gegebenenfalls eine Ernährungsberaterin hinzuziehen oder prüfen, ob das Bauchweh nicht auch eine andere Ursache haben könnte.
Dr. Philippa Golling
Pauschaldiäten bei Neurodermitis sind nicht gerechtfertigt. Ernährung ist lediglich ein Einflussfaktor, der bei vielen Patienten gar keine Rolle spielt. Von daher ist es gut, dass Sie wieder anfangen, gemiedene Nahrungsmittel einzuführen. Zucker spielt in Bezug auf Hautverschlechterung gar keine Rolle. Diesen können Sie sofort wieder geben. Wenn sich die Haut seit der Meidung der o. g. Nahrungsmittel verbessert hat, können Sie die gemiedenen Nahrungsmittel im Abstand von etwa 4 Tagen wieder einführen. Dabei sollten Sie Protokoll führen, wann Sie welches Nahrungsmittel wieder gegeben haben und wie sich der Hautzustand täglich beschreiben lässt. Reaktionen können bis zu 24 Stunden auf sich warten lassen. Wenn sich die Haut seit der Meidung nicht oder nur kaum verbessert hat, können Sie auch alle Nahrungsmittel sofort wieder geben und sollten dann nur zukünftig ein Protokoll über gegessene Lebensmittel und Hautzustand führen. Das gibt die besten Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Haut. Außerdem wäre es sinnvoll, bei Lebensmitteln, die Sie in Verdacht haben, einen Bluttest machen zu lassen.
Dr. Imke Reese
Über die Ursachen und die Auslöser einer Neurodermitis wird viel geforscht, man weiß auch schon einiges, aber es ist wohl noch lange nicht alles bekannt...
Häufig wird Neurodermitis durch erbliche Veranlagung an Nachkommen weitergegeben. Für den Ausbruch der Krankheit können verschiedene Faktoren verantwortlich sein: eine veränderte Hautstruktur mit erhöhter Neigung zu Trockenheit, die Jahreszeit, Allergien/Unverträglichkeiten, Infektionen oder auch psychischer Stress. Zusätzlich können Hautreizungen verstärkt werden durch Chemikalien, z.B. Putz- oder Waschmittel oder häufige Schwimmbadbesuche. Also: eine Kuhmilchallergie könnte durchaus eine Neurodermitis auslösen.
Wenn es ausreichend wahrscheinlich ist, dass Ihre Tochter stets nach Genuss bestimmter Nahrungsmittel einen Neurodermitis-Schub bekommt, dann könnte der (vorübergehende) Verzicht helfen. Aber: Im allgemeinen sind wir zurückhaltend mit Diäten bei Neurodermitikern. Die Neurodermitis muss wirklich ausreichend schwer sein, um eventuelle diätetische Manipulationen zu rechtfertigen, denn die Risiken und Gefahren einer strikten Diät (Vitaminmangel, Kalziummangel, Unterernährung etc.) sind nicht zu unterschätzen.
Dr. Philippa Golling
Es ist bei allergiegefährdeten Kindern gut, hochallergene Nahrungsmittel wie Ei, Fisch, Kuhmilch (und Nüsse, Schokolade, Weizen, Zitrusfrüchte) im ersten Lebensjahr zu meiden. Zur Einführung der Beikost nach den ersten sechs Lebensmonaten (LM), die das Baby idealerweise voll gestillt wurde, gibt es Literatur, Tipps, verschiedene Meinungen und "neueste Forschungsergebnisse" zuhauf.
Mit allem was ich bisher gelesen und in Seminaren gehört hatte, habe ich mir einen Plan aufgestellt, nach dem ich meine drei Kinder (jetzt zwei, vier und sechs Jahre alt) erfolgreich durch diese kritische Anfangszeit gebracht habe. Allgemein hier die wesentlichen Punkte (ohne Gewähr, dass das nun nach den allerneuesten Erkenntnissen "das Beste" sei):
Ich habe bei meinen Kindern im Laufe des siebten LM mittags mit 150 gr Kartoffel-Gemüse-Brei plus einem Esslöffel Öl (Sonnenblumen- oder Maiskeimöl) angefangen. Pro Woche habe ich ein neues Gemüse oder Obst in den Speiseplan eingeführt.
Im achten LM gibt es dann dazu nachmittags den Getreide-Obst-Brei (z.B. Reis in der ersten Woche, Hirseflocken in der zweiten usw. plus Obst).
Im neunten LM vormittags und nachmittags Getreide-Obst-Brei.
Im zehnten LM zusätzlich Milch-(oder Milchersatz-)Getreide-Brei abends, morgens habe ich noch gestillt, ab dem elften LM morgens auch Brei, Stillen beendet.
Sie schrieben besorgt, dass Ihr Sohn zur Zeit den morgendlichen Obst- und den nachmittäglichen Getreide-Obst-Brei verweigere, frisches Obst und Obstkompott wolle er auch nicht. Stattdessen würden Sie ihm nun nur Dinkelbrot mit Butter geben, was er gerne isst. Dinkelbrot (Dinkel auf jeden Fall besser als Weizen) habe ich vorsichtshalber erst nach dem ersten Lebensjahr begonnen! Vorher, also ab dem neunten/zehnten LM habe ich meinen Kindern ab und zu Reiswaffeln mit milchfreier Margerine (nicht Butter!) aus dem Naturkostladen angeboten (wenn man Butter versuchen möchte, würde ich Butter zwei bis drei Tage geben und dann eine Butterpause von mehreren Tagen einlegen, um zu sehen, ob das Kind die Butter schon verträgt).
Also nocheinmal: (Dinkel-)Brot würde ich allergiegefährdeten Kindern frühestens ab dem 11./12. LM geben, vorher finde ich es zum einen gefährlich für die Haut (und Sie schrieben auch, dass Ihr Sohn jetzt einen heftigen ND-Schub bekommen habe) und zum anderen finde ich nur Brot statt dem morgendlichen Obst und dem nachmittäglichen Getreide-Obst-Brei zu einseitig im Ernährungsplan.
Lassen Sie sich durch Ihren Sohn nicht so weit von Ihrem ursprünglichen, guten Ernährungsplan abbringen: Wenn er wirklich Hunger hat, dann wird er auch das von Ihnen appetitlich angerichtete Lieblingsobst oder den Brei essen. Vielleicht könnten Sie die Getreideart variieren und es dadurch für ihn interessanter machen? Amaranth ist z.B. der Eiweißlieferant No.1 aus Südamerika mit hohem Eisen- und Linolsäuregehalt. Man kann Amaranth "poppen" (großen Topf heiss werden lassen, Amaranth auf den Boden legen, Deckel drauf und ein wenig schütteln). Gepopptes Amaranth kann man gut über Gemüse oder Obst streuen. Meine Kinder mögen das immer noch gerne so. Quinoa hat einen hohen Zink- und Eisengehalt, lässt sich gut kochen, sieht interessant aus und schmeckt gut. Mais in Form von Polenta (geschickt: Minutenpolenta) ist wenig allergen und kann ab dem 8./9. LM gegeben werden. Entspelzte und geschälte Hirse (gibt es z.B. als Hirseflocken im Naturkostladen) schmeckt auch lecker.
Vielleicht könnten Sie ihm bei dem Wechsel von Brot zurück zum Brei auch helfen, indem Sie beim Füttern das Drumherum für ihn etwas anders gestalten, um die Mahlzeit interessanter zu machen oder ihn abzulenken, z.B. Platztausch oder ruhige/ neue Hintergrundmusik oder zusätzliches Gedeck für sein Liebklingskuscheltier oder so ähnlich.
Dr. Philippa Golling
Die Einführung der Beikostmahlzeiten erfolgt im Monatsrhythmus. Mit anderen Worten: der nächste Brei wird frühestens in 3 Wochen angefangen. Wenn Ihre Milchmenge wirklich nicht mehr reicht, sollten Sie auf Flaschenmilch umstellen. Es kann aber auch sein, dass es Ihnen nur jetzt, wo Sie gerade mal mit Beikost angefangen haben, so vorkommt, als würde Ihr Kind plötzlich nicht mehr satt. Das ist normal und hängt mit der Umstellung des Verdauungstraktes auf feste Kost zusammen. Wenn Sie trotzdem auf Flasche umstellen wollen, nimmt man HA Milch, wenn das Kind noch im ersten Lebenshalbjahr ist. Wenn das Kind schon mehr als 6 Monate alt ist, können Sie eine ganz normale Säuglingsanfangsnahrung (am besten 1er Nahrung oder pre) füttern. Der Milchbrei sollte erst im 2. Lebenshalbjahr eingeführt werden und kann dann mit ganz normaler Kuhmilch zubereitet werden. Auch bei Allergiegefährdung! Klassischerweise ist der Getreide-Obst-Brei am Nachmittag der letzte, Sie können ihn aber dem Milchbrei am Abend vorziehen, wenn Sie möchten. Als Obst empfiehlt sich Vitamin C haltiges Obst (also nicht unbedingt Banane). Gehen Sie doch auch einfach noch mal auf die Seite vom Forschungsinstitut in Dortmund (www.fke-do.de) und schauen sich den Beikostplan.
Dr. Imke Reese
Es gibt viele Kliniken, in denen Kinder sowohl mit Mutter als auch allein als Patienten aufgenommen werden. Dazu ist kein Kurantrag notwendig, sondern einfach nur eine "ganz normale" Krankenhauseinweisung. Unsere eigene Universitätshautklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München hat zum Beispiel beide Möglichkeiten. Es gibt aber auch viele andere Kliniken, bei denen das möglich ist. In der Regel macht es Sinn, sich vom Hautarzt des Vertrauens (oder einer Klinikambulanz) die nächsten ausgewiesenen Kliniken nennen zu lassen und eine davon auszuwählen. Dort ist dann auch eine Fachberatung and konkrete Anleitung zur Ernährungsberatung möglich.
PD. Dr. Andreas Wollenberg
Wir empfehlen grundsätzlich, bis zum 6. Monat voll zu stillen und dann einen normalen Kostaufbau zu machen. Wir wissen, daß Nahrungsbestandteile in die Muttermilch übergehen können, von daher kann Ihre Ernährung Einfluss auf die Krankheit bzw. Heilung nehmen.
Ihr PD Dr. A. Wollenberg