Sichtbare Hauterkrankungen, die nicht heilbar, sondern bestenfalls gelindert werden können, sind für viele Betroffene eine starke psychische Belastung. Der kreisrunde Haarausfall (Alopecia areata, AA) und die Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) sind dafür Beispiele. Lange Zeit waren die medikamentösen Therapiemöglichkeiten begrenzt. Mit der seit einigen Jahren erhältlichen neuen Substanzklasse der Januskinase (JAK)-Inhibitoren verbessern sich die Therapieergebnisse. Die positiven Effekte bei der Therapie der schwer ausgeprägten Vitiligo und der AA sind beachtlich, aber es bleiben Fragen offen. In weiteren Studien sollte nach Ansicht der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) beispielsweise untersucht werden, wie die derzeit noch hohe Non-Responder-Rate gesenkt werden könnte.
Autoimmunerkrankungen in der Dermatologie wie beispielsweise die Vitiligo und Alopecia areata (AA), der kreisrunde Haarausfall, kann man bis heute nicht heilen. Aber es gibt in Deutschland zugelassene moderne Medikamente, mit denen Symptome gelindert und überzeugende Therapieergebnisse erzielt werden können. Dazu gehören neben anderen die JAK-Inhibitoren (JAKi). Weil sie körpereigene Entzündungsreaktionen abschwächen oder sogar unterbinden, bezeichnet man ihre Wirkungsweise als immunmodulierend. "JAK-Inhibitoren werden bereits bei anderen Hauterkrankungen wie der mittelschweren bis schweren Neurodermitis seit einigen Jahren erfolgreich eingesetzt. Sie sind auch eine vielversprechende therapeutische Option bei Vitiligo und Alopecia areata", sagt Prof. Dr. med. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal und Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG).
Die Vitiligo, insbesondere die nicht segmentale Form als häufigster Subtyp, ist eine autoimmun verursachte Hauterkrankung, die durch eine symmetrisch verteilte Depigmentierung der Haut gekennzeichnet ist. Die Pigmentstörung führt zu bleibenden weißen Flecken auf der Haut und belastet die Psyche der Betroffenen oftmals stark. "Durch die gut sichtbaren Hautveränderungen fühlen sich die Betroffenen häufig stigmatisiert. Auch Depressionen, Angst, ein reduziertes Selbstwertgefühl sowie Vereinsamung aufgrund weniger persönlicher Kontakte können die Folge sein", weiß Prof. Dr. med. Markus Böhm, Oberarzt und Leiter Allgemeine Dermatologie an der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Münster. Der Vitiligo-Experte verweist auf die 2021 erschienene Leitlinie, in der beispielsweise bei einer limitierten Vitiligo mit einem Befall von <3 Prozent der Körperoberfläche für Kinder und Erwachsene topische (äußerlich wirkende) Kortikosteroide oder Calcineurininhibitoren als Mittel der 1. Wahl empfohlen werden. Eine wichtige Therapiesäule stellt zudem seit Jahrzehnten die Phototherapie mit UVB-Strahlung dar. Als weitere Option gibt es die Transplantation von pigmentierten Zellen.
Mit den JAK-Inhibitoren hat sich das Therapiespektrum erweitert. JAK sind spezielle Enzyme, die eine zentrale Rolle bei der Signalübertragung zahlreicher an der Entstehung entzündlicher Erkrankungen beteiligter Zytokine spielen. Der JAK-Inhibitor Ruxolitinib gehört zu der ersten Generation unter den JAKi und zeigt in der topischen Anwendung bisher die überzeugendsten Ergebnisse bei der Behandlung der nicht segmentalen Vitiligo. "Mit dieser seit Mai 2023 in Deutschland für die nicht segmentale Vitiligo im Gesichtsbereich zugelassenen Lokaltherapie, die ab dem Alter von zwölf Jahren eingesetzt werden kann, ist es möglich, eine ästhetisch zufriedenstellende Repigmentierung zu erreichen", sagt Böhm.
Die Alopecia areata ist ähnlich wie die Vitiligo mit starken emotionalen Belastungen verbunden. "Gerade Kinder und Jugendliche empfinden einen Haarverlust als besonders stigmatisierend. Sie sind in einer Lebensphase, in der das Verhalten und die Reaktionen Gleichaltriger eine ungleich höhere Bedeutung haben als im Erwachsenenalter", sagt Hofmann. Schätzungen gehen davon aus, dass 40 % der Menschen mit AA ihre Diagnose vor dem 20. Lebensjahr erhalten. Auch hier waren es Forschungsfortschritte im Bereich der immunvermittelten Entzündungskaskaden, die dazu führten, dass JAKi als therapeutische Ansatzpunkte zur Behandlung der AA identifiziert wurden. In verschiedenen Studien zeigten die JAKi bei moderater bis schwerer AA, dass die Therapie erfolgreich zu einem Nachwachsen der Haare führt. Für die Behandlung der schweren Alopecia areata stehen mit den Januskinase-Inhibitoren Baricitinib (für Erwachsene) sowie Ritlecitinib (ab dem Alter von zwölf Jahren) neue, zugelassene Therapieoptionen zur Verfügung. Allerdings muss die Behandlung als Dauermedikation stattfinden, sonst kommt es zu einem erneuten Haarausfall.
"Beide Erkrankungen – Vitiligo und Alopecia areata – werden noch immer häufig als rein kosmetische Probleme betrachtet und das Leiden der Betroffenen ‚als nicht lebensbedrohlich‘ verharmlost. Das greift zu kurz", mahnt Böhm. Die Krankheitslast und die sekundären psychosozialen Effekte sind groß. Daher wäre es für den Dermatologen aus Münster wünschenswert, wenn diese zugelassenen und erfolgreichen Therapien häufiger in der Praxis eingesetzt werden könnten und Dermatologen und Dermatologinnen auch hinsichtlich der betroffenen Psyche der Betroffenen wachsam sind. "Das kann mit einfachen Screening-Methoden auch in der dermatologischen Praxis erfolgen, wie wir jüngst in einem Positionspapier der Fachzeitschrift JDDG zusammen mit Experten aus der Psychodermatologie hervorgehoben haben", betont Böhm. Leider sind die neuen Therapeutika teuer, was bei Behandlern auf zusätzliche Skepsis stößt und sie werden bei der Alopecia areata meist nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Wie bei nahezu allen Medikamenten zeigen die klinischen Studien und der Praxisalltag, dass es auch sogenannte Non-Responder gibt, also Menschen, bei denen es nicht zu der erwarteten positiven Wirkung kommt. Da die neuen Medikamente auch Nebenwirkungen verursachen können, ist es umso wichtiger, Kriterien (wie zum Beispiel geeignete Biomarker) zu finden, die dabei helfen zu entscheiden, bei welchen Patientinnen und Patienten diese immunmodulierenden Therapien erfolgversprechend erscheinen.
Quelle: Pressemeldung Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
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